EDITION WANDELWEISER RECORDS

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Jürg Frey
piano ּmusic  1978 - 2001

order reference:   
medium:             
composer:          
performer:
EWR 0201
CD
Jürg Frey
John McAlpine




> Review Manfred Karallus (Musiktexte 97) (german)

  
"When I see that blank sheet in front of me, as empty as it may look, I have, of course, projected a great many things onto it already: music I've written or pieces that already exist. So I don't regard the sheet as blank. On the contrary: part of my work is to clear the slate, to eliminate what's there before I write even the first note. Then I can proceed to get what may be my own music down on the page."

"A typical strategy is waiting. A sequence of notes is most composers' starting point. And it's where I stop. Not that I cease to do anything at all; sometimes it takes a bit more, sometimes a bit less. There are so many traps, so many ways of destroying the sequence, because people think it needs a little compositional help."

"Sometimes you think – and I know this from reactions to my pieces - that a new element has emerged at just the right moment. When I work, I can predict the length of the various sections, that they're going to be seven, five and seven minutes long. But that's more the result of personal experience than of good timing. More important is the relation of the material to elapsing time. Some material can take up only so much time before it runs itself to death. With the sounds I use, the nature of the material may produce a certain quietude - with respect to how long a section can afford to be or when something new needs to be introduced. That's why the question of material is such a preoccupation.

If I don't have the right material, that feeling of quietude doesn't set in, and the impression arises of something being too long. Where this happens, there are two possibilities: either to cut somewhere or to restore that quiet acceptance of the durations. That is how I think about the question. It's not a matter of planning out durations but of sounding out the material, of exploring its nature. Sometimes it's virtually vacant - there's a very fine line between the vacant and the banal. I like that vacant quality if it avoids banality."
 
"When I see that blank sheet in front of me, as empty as it may look, I have, of course, projected a great many things onto it already: music I've written or pieces that already exist. So I don't regard the sheet as blank. On the contrary: part of my work is to clear the slate, to eliminate what's there before I write even the first note. Then I can proceed to get what may be my own music down on the page."


Jürg Frey



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Musiktexte  97
 

Tabula rasa
Zu einer neuen Compactdisc mit Musik von Jürg Frey
 
von Manfred Karallus
 

Musik und Physis: Daß uns ein punktier­ter Notenwert in geradzahligem Takt ge­radezu wie ein martialisches Relikt aus vorvergangener Zeit vorkommen kann, zeigen uns unzählige Kompositionen aus neuerer Zeit. Punktierte Strukturen lösen ja in der Regel einen neuronalen Juckreiz aus, sie spornen, stacheln an, lösen eine innere Hüpfbewegung aus. Nicht zufällig sind Tanz- und Marschmusik, Gesell­schafts- und Repräsentationsmusik von solchen Strukturen durchzogen. Von der Französischen Ouvertüre bis zu den un­zähligen Hymnen auf Stalin signalisieren sie eine positive Haltung, eine innere Habachtstellung, deren man sich späte­stens seit Schönbergs „Tanz um das Gol­dene Kalb" bewußt sein sollte, wo die somatische Erregung im Tanz sich zu jener Form von Eifer, muskelgewordenen Geists, steigert, die den Täter kennzeichnet und bei Schönberg die Masse als Täter ent­larvt. Nietzsches Kritik am unaufhörli­chen „Sieg des Optimismus" - er wirkt sich mittlerweile zum Schaden für die Welt und alles menschliche Leben aus -beginnt hier zu greifen.
 
Ich weiß nicht, ob Jürg Frey punktierte Notenwerte bewußt meidet. Jedenfalls gibt es sie in seiner Musik nicht, der Mu­sik, die er vor zwanzig Jahren geschrie­ben hat, so wenig wie seiner neuesten, ei­ner so entspannten wie entspannenden Musik, der nichts so unzuträglich wäre wie etwa eine scharf akzentuierte punk­tierte Achtelnote. Aber Jürg Frey kompo­niert auch nicht im herkömmlichen Sinn ästhetischen Agierens. Er „läßt" es aus dem Innern heraus „geschehen". Sinn­bild für seine Schaffensweise ist die tabu­la rasa, das leere Blatt, über das er wie folgt reflektiert: „Wenn ich das leere Blatt vor mir habe, dann steht zwar nichts dar­auf, aber es sind schon sehr viel Sachen darauf ... Musiken, die ich geschrieben habe, oder Stücke, die es schon gibt, ich betrachte dieses Blatt nicht als leer. Im Gegenteil: Ein Teil meiner Arbeit ist es, dieses Blatt überhaupt einmal leer zu bekommen, alles,  was drauf ist, bevor ich den ersten Ton geschrieben habe, davon wegzunehmen, es verschwinden zu las­sen und dann in einem Arbeitsprozeß das auf das Blatt kommen zu lassen, was vielleicht meine Musik ist."
 
Jürg Frey zählt zu jenen Komponisten um Antoine Beuger und Radu Malfatti, denen das ,Geschehenlassen' ein zentra­les Anliegen ihrer Arbeit darstellt. Solche Musik gehört anders gespielt als her­kömmliche. John McAlpines Klavierspiel macht uns bewußt, wie wenig solche Mu­sik ein Studium der Klavierakrobatik ver­langt als vielmehr ein Studium des An­schlags und der Gesetze des Verklingens, ein Studium über leergemachten Zeit-Raum und des darin stattgegebenen künstlerischen Ereignisses.
 


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