Nils
Günther
in : Positionen. Texte zur aktuellen Musik 95, Mai 2013 ______________________________________________________________________ Empty Words Bei dieser CD wurden die vier Teile von Cages Text Empty Words (1974/75) auf die epische Dauer von zehn Stunden gedehnt. Dies erforderte, die Aufnahme im Mp3-Format zu produzieren. Die Teile 1 und 2 werden mit Cages Branches (1976) kombiniert, Teil 3 zusammen mit Musik von Antoine Beuger und Teil 4 mit einem Klavierstück von Burkhard Schlothauer. Cages Text ist ein kontinuierlich zerfallender: Keiner der vier Teile bietet komplette Sätze. Wahrend im ersten Teil Phrasen, Wörter, Silben und Buchstaben vorkommen, finden sich im letzten nur noch Buchstaben und »Klänge« (zusammengesetzte Buchstabenfolgen). Musikalisch hat Wandelweiser einen umgekehrten Weg eingeschlagen: während die Branches wie zerfallene Musik wirken, ist der Klang des Klaviers im letzten Teil sehr konkret, wenn auch hier keine Motive oder Melodien entstehen, sondern die Klänge isoliert sind. Gleichzeitig trennt sich die Musik von Cage: die Idee, hier Musik anderer Komponisten sich mit dem Text überlagern zu lassen, hätte Cage garantiert gefallen. Sylvia Alexandra Schimag hat Cages Vortrags-Anweisungen ernst genommen und sich auch nicht übertrieben an Cages eigener Art der Rezitation orientiert. Es ist ein Genuss, zuzuhören, stundenlang. Wenn man sich darauf einlässt, hört man mit der Zeit sehr genau auf kleinste Details, aber es ist auch möglich, die Musik in Cages Sinn nebenher, als Satiesche Musique d’Ameublement zu hören. Hier ist ein großer Wurf gelungen, der uns zwingt, die Musik so zu hören, wie Cage es sich vorgestellt hat. In der Stille, zwischen den Klängen, scheint die Oberfläche mitunter aufzubrechen und der wahre Cage sichtbar zu werden. • |